Geschichte
Die ersten Siedlungen um den Tonle Sap und den unteren Mekong datieren auf die Jungsteinzeit, Keramikreste belegen eine Besiedlung seit mindesten 4.200 v. Chr.
Das große Reich der Khmer
802, als Jayavarman II. zum Deva-raja, zum „König der Könige“ wurde, ist der Überlieferung nach der Beginn des sagenumwobenen Reiches der Khmer, das zu seiner Blütezeit im 12. Jahrhundert nahezu gesamt Südostasien umfasste. Bis auf eine kurze Zeit, in der die Hauptstadt des Reiches nach Koh Ker verlegt wurde, lag der Regierungssitz an wechselnden Orten um das heutige Siem Reap. Angkor mit seiner weltberühmten Tempelanlage Angkor Wat war zur Hochzeit die größte Stadt der Welt und beherbergte über eine Million Menschen.
Im Westen hörte man erst Ende des 19. Jahrhunderts von den Überresten dieses sagenhaften Reiches, im Vorfeld der französischen Eroberungen in Indochina. Das Gelände ist bis auf den heutigen Tag eine unerschöpfliche Quelle für atemberaubende archäologische Entdeckungen. Mittlerweile sind viele Wissenschaftler der Ansicht, dass es klimatische Veränderungen waren, welche die Hochkultur zu Fall brachten. Erst habe Dürre die Landwirtschaft schwer getroffen, anschließend hätten extreme Regenfälle das ausgedehnte komplexe Bewässerungssystem zerstört. Und als Kulisse für den Film „Tomb Raider” hat der Tempel Ta Prohm weltweit Berühmtheit erlangt.
Im 13. Jahrhundert wächst im Westen mit dem Königreich Sukhothai ein neuer Gegenspieler heran, dessen Nachfolgereich Ayutthaya 1353 die Hauptstadt der Khmer erobert. Die verlegen die Hauptstadt nach Phnom Penh und reiben sich in der Folge in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Vietnamesen und Thai auf. Nach einer kurzen Blütezeit im 16. Jahrhundert werden im 17. und 18. Jahrhundert große Teile des Mekong-Deltas von den Vietnamesen erobert, gleichzeitig besetzt Thailand weite Teile des Nordens. Mitte des 19. Jahrhunderts muss Kambodscha sogar die Kolonialherren aus Frankreich um Schutz bitten. Als Kambodscha 1863 französisches Protektorat wird und gemeinsam mit Laos und Vietnam in der Indochinesischen Union aufgeht, ist das große Reich der Khmer endgültig Geschichte.
Erster und zweiter Indochinakrieg
Kambodscha war bereits in den ersten Indochinakrieg von 1946 bis 1954 verwickelt, der mit dem Machtverlust Frankreichs endete sowie der Unabhängigkeit von Laos und Kambodscha und der Teilung Vietnams. Das Unabhängige Königreich Kambodscha, das bis 1970 existierte, wurde mehr und mehr in den Stellvertreterkonflikt zwischen China, der UDSSR und den USA hineingezogen. Der kambodschanische König Norodom Sihanouk versuchte, sein Land zu strikter Neutralität zu verpflichten, doch der seit 1965 tobende Vietnamkrieg destabilisierte auch Kambodscha. Thailand, die US-amerikanische Armee, der vietnamesische Vietcong sowie die nordvietnamesische Armee machen Kambodscha zu einem Kriegsschauplatz. 1970 schließlich endeten die Wirren vorerst mit der Machtübernahme durch den von den USA unterstützten Premier- und Verteidigungsminister General Lon Nol. Bereits ab 1971 kontrollieren Nordvietnam und der Vietcong vier Fünftel Kambodschas. Unterstützt von den vietnamesischen Rebellen, rüsten die Roten Khmer militärisch auf und sichern sich die Unterstützung der Landbevölkerung. Die USA treiben das Land weiter in den Abgrund, indem sie ihre Flächenbombardements verstärken. Nach deren Ende 1973 und dem Abzug fremder Truppen wurde aus dem internationalen Konflikt ein Bürgerkrieg, von China und den USA mit Geld und Waffen befeuert. Im April 1975 schließlich ergaben sich die Einwohner Phnom Penhs und etwa 20.000 Rote Khmer besetzten die Stadt, auch mit Kindersoldaten - Durchschnittsalter 13 Jahre. Zunächst begeistert als Befreier empfangen, fürchteten die Roten Khmer einen Aufstand und trieben die Menschen innerhalb von drei Tagen aufs Land. Wer sich in der Stadt versteckte, wurde getötet. Nach einer Woche war Phnom Penh eine Geisterstadt.
Die „Killing Fields”
Die Jahre 1975 bis 1979 bildeten eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Pol Pot, der Anführer der Roten Khmer und „Bruder Nr. 1“ errichtete ein Terrorregime, mit dem der radikale Kollektivismus eines Arbeiter- und Bauernstaates Wirklichkeit werden sollte, ein „Steinzeit-Kommunismus” mit unfassbar abstrusen Ideen. Phnom Penh, einst das „Paris des Ostens”, glich einem Gefängnis, in dem gefoltert und getötet wurde. Über 300 „Killing Fields” wurden zu Massengräbern, mit Totenschädeln und anderen menschlichen Überresten übersäte Felder. Der Genozid erreichte nie dagewesene Ausmaße, von acht Millionen Kambodschanern, so wird geschätzt, werden zwei Millionen getötet - jeder vierte. Weihnachten 1978 setzten vietnamesische Truppen an, dem Alptraum ein Ende zu bereiten, am 6. Januar 1979 war Pol Pots Regime Geschichte.
Auf dem Weg aus der Vergangenheit
Doch auch nach der Vertreibung der Roten Khmer blieb Kambodscha Spielball konkurrierender Mächte. Der zweite Bürgerkrieg währte ein weiteres Jahrzehnt, bis auf Initiative Michael Gorbatschows das Problem Kambodscha unter anderem mit dem Abzug der vietnamesischen Truppen 1989 gelöst wurde. Die Kämpfe zwischen der Regierung und den Roten Khmer flammen erneut auf, Kambodscha wird in den Jahren 1992 bis 1993 unter Aufsicht der UNO gestellt und erst mit dem Tod von Pol Pot und der endgültigen Kapitulation der Roten Khmer Ende der Neunziger Jahre kommt das Land zur Ruhe. Unabhängigkeit, Wiederaufbau und Restauration der Monarchie bestimmen die Jahre ab 1998. König Norodom Sihanouk tritt 2004 zurück, sein Sohn Norodom Sihamoni wird neuer König in einer konstitutionellen Monarchie, in der seit 2013 praktisch ein Zwei-Parteien-System besteht.